Studien ab 1997
AIDS im öffentlichen Bewusstsein der Bundesrepublik Deutschland 2012
Wissen, Einstellungen und Verhalten zum Schutz vor HIV/AIDS und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI)
Eine Wiederholungsbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln
Ziele
Langfristig angelegte Untersuchung von Wissen, Einstellungen und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit HIV/AIDS und anderen sexuellübertragbaren Infektionen (STI) sowie der Veränderungen des Informations- und Kommunikationsverhaltens
Untersuchungsmethodik
Jährliche Repräsentativbefragungen bei der über 16-jährigen Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1987, seit 1994 einschließlich der neuen Bundesländer
Verfahren der Datenerhebung
Computergestützte Telefoninterviews (CATI)
Auswahlverfahren
Mehrstufige Zufallsstichprobe (nach ADM-Telefonstichproben-System, Zufallsauswahl von Personen im Haushalt); altersmäßig disproportional geschichteter Stichprobenplan (16- bis 44-Jährige: 6.009 Fälle)
Stichprobengröße
n ungewichtet | % ungewichtet | % gewichtet | |
Insgesamt | 7.000 | 100 | 100 |
- Westdeutschland | 6.102 | 87 | 84 |
- Ostdeutschland | 898 | 13 | 16 |
- Männer | 3.096 | 44 | 49 |
- Frauen | 3.904 | 56 | 51 |
Alleinlebende unter 45 Jahre | 3.373 | 48 | 20 |
- Männer | 1.742 | 56 | 23 |
- Frauen | 1.631 | 41 | 17 |
16- bis 20-Jährige | 2.022 | 29 | 7 |
Migrationshintergrund | 1.293 | 19 | 14 |
Befragungszeitraum
Oktober 2012 bis Dezember 2012
Datenerhebung
forsa. Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH, Berlin/Dortmund
Konzeptentwicklung, Analyse, Berichterstattung
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln,
Referat 2-25, Dr. Ursula von Rüden und Jürgen Töppich
Zu Beginn der HIV/AIDS-Aufklärung wurde die Bevölkerung mit TV-Spots, Anzeigen, Broschüren und Informationsveranstaltungen zu HIV und AIDS informiert. Mit diesen Medien wurden sehr schnell hohe Reichweiten erzielt. Als Reaktion auf den Rückgang der Reichweiten Ende der 1990er Jahre wurden nach und nach weitere Medien entwickelt und über zusätzliche Kanäle angeboten. Zunächst kamen Großplakate, Radio- und Kino-Spots hinzu, später die Aufklärung im Internet und in den letzten Jahren auch die Präsenz in sozialen Netzwerken wie etwa Facebook. Der Gesamtanteil derer, die mit der AIDS-Aufklärung erreicht wird, konnte durch die zusätzlichen Medien wieder deutlich erhöht werden. Seit 2009 ist aber die Reichweite von Medien der „ersten Generation“ wieder gesunken. Parallel dazu sank auch die Reichweite von Medien der „zweiten Generation“. Eine Zunahme der Reichweiten der Großplakate konnte diesen Rückgang in den letzten beiden Jahren ausgleichen, so dass zuletzt etwa 71 % der Gesamtbevölkerung im Verlauf des aktuellen Zeitraums der letzten drei Monate vor der Befragung mindestens ein HIV/AIDS-Aufklärungsmedium wahrgenommen haben.
Die Einstellungen in der Bevölkerung zu Menschen mit HIV und AIDS sind weiterhin stabil. 2012 lehnen 96 % der Allgemeinbevölkerung die Isolierung von AIDS-Kranken ab und nur sehr wenige (3 %) würden ihren Freunden raten, sich von Menschen mit HIV zurückzuziehen.
Das Interesse am Thema „Schutz vor HIV“ hat in den vergangenen Jahren leicht nachgelassen. Da der Wissensstand zu HIV/AIDS aber nach wie vor hoch ist und das Schutzverhalten weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt, sind die Anteile von 46 % der Männer und 50 % der Frauen in der über 16-jährigen Allgemeinbevölkerung, die sich gegenwärtig für weitere Informationen zu dieser Thematik interessieren, noch relativ hoch. Bei Jugendlichen ist das Interesse deutlich stärker ausgeprägt (76%).
Im Vergleich zu HIV ist das Informationsinteresse der Bevölkerung zu STI (sexuell übertragbare Infektionen) geringer. Ein Grund dafür kann das als geringer wahrgenommene Bedrohungspotenzial sein, da STI in der Regel gut behandel- und heilbar sind. Aktuell äußern 36 % der Frauen und 31 % der Männer der Allgemeinbevölkerung ab 16 Jahren Interesse an mehr Information zu STI. Auch hier ist das Interesse bei Jugendlichen deutlich stärker ausgeprägt (61%).
Das geringere Interesse korrespondiert aber auch mit einem bisher relativ niedrigen Wissenstand zu STI. Werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung ohne die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten nach den ihnen bekannten sexuell übertragbaren Infektionen gefragt, nennen etwas weniger als die Hälfte der über 16-jährigen Allgemeinbevölkerung im Jahr 2012 Syphilis (45 %) und Gonorrhoe/Tripper (48 %). Deutlich seltener werden Hepatitis (13 %), Candidosen/Pilzerkrankungen (10 %) und Herpes (8 %) genannt. Chlamydien, Kondylome und Trichomoniasis werden noch seltener angegeben. (7/3/1 %). Frauen kennen die Leitsymptome für STI besser als Männer. Juckreiz wird 2012 von 51 % der Frauen, aber nur von 34 % der Männer genannt.
Im Verlauf der Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ nahm die Bereitschaft, sich mit Kondomen zu schützen, schnell zu. 16- bis 20-Jährige, die gerade zu Beginn ihrer sexuellen Aktivitäten einen besonders hohen Bedarf an Aufklärung über HIV- und STI-Risiken sowie adäquate Schutzmaßnahmen haben, verfügen im Jahr 2012 zu 82 % über Kondome. Damit ist gerade in dieser wichtigen Gruppe bei mehr als vier Fünfteln eine wesentliche Voraussetzung dafür gegeben, sich vor HIV und anderen STI zu schützen. Entsprechend ist in den letzten Jahren in dieser Gruppe vor allem die regelmäßige Kondomverwendung (immer oder häufig) weiter angestiegen, auf 72 % in den Jahren 2011 und 2012.
Auch die Kondomnutzungsraten am Beginn neuer Beziehungen liegen weiterhin auf einem hohen Niveau: 2012 um etwa 10 Prozentpunkte höher als vor zehn Jahren (in der über 16-jährigen Bevölkerung). Zwei Drittel der Befragten (65%), die mehrere Sexualpartner oder -partnerinnen im letzten Jahr hatten, verwendeten immer oder häufig Kondome. Die Kondomnutzung bei spontanen Sexualkontakten mit unbekannten Partnern oder Partnerinnen wird ebenfalls erhoben. In der Gruppe der 16- bis 44-Jährigen verwenden 2012 zwei Drittel (67 %) konsequent Kondome.
Die Entwicklung der Kondomverfügbarkeit und -verwendung lässt sich auch anhand der Kondomabsatz-Zahlen beschreiben. Die Kondomverkaufszahlen der Deutschen Latex Forschungsgemeinschaft Kondome e.V. (dlf) repräsentieren aktuell im Jahr 2012 ca. 85 % des deutschen Kondommarktes. Die Absatz-Zahl 2012 liegt mit 229 Millionen auf einer neuen Rekordhöhe.