Studien ab 1997

Titelseite der Studie: Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Survey 2015

Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland

Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends.

Ergebnisse


Projekttitel

Prävention der Glücksspielsucht - Repräsentativbefragung 2015

Ziele

Beschreibung des Glücksspielverhaltens und damit zusammenhängender
Merkmale und Indikatoren sowie glücksspielbezogener Einstellungen
und Probleme in der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 2015.
Vergleich dieser Ergebnisse mit denen der vorangegangenen Glücksspielstudien
der BZgA aus den Jahren 2007, 2009, 2011 und 2013.

Untersuchungsmethodik und Grundgesamtheit

Repräsentativbefragung der 16- bis einschließlich 70-jährigen Bevölkerung
in Deutschland

Verfahren der Datenerhebung

Computergestützte Telefoninterviews (CATI)

Auswahlverfahren

Kombinierte Befragung über Festnetz- und Mobilfunkanschluss
(„Dual Frame“-Auswahlrahmen) mit Höherquotierung der 16- bis 25-
Jährigen (n = 3.223);
Festnetz: Mehrstufige Zufallsstichprobe auf Basis des ADM-
Telefonstichproben-Systems im Haushalt, „Geburtstagsmethode“;
Mobil: Mehrstufige Zufallsstichprobe (Personenstichprobe) auf Basis
des 2005 von der Arbeitsgemeinschaft Stichproben des ADM aufgebauten
und jährlich aktualisierten Auswahlrahmens für Mobiltelefonie.

Stichprobengröße

Insgesamt: 11.501, Festnetz: 8.050, Mobilfunk: 3.451.

Befragungszeitraum

14. April bis 7. Juli 2015

Ausschöpfung bzw. Rücklaufquote

Festnetzstichprobenanteil: 49,0 %
Mobilfunkstichprobenanteil: 36,1 %

Interviewprogrammierung, Stichprobenbeziehung und Datenerhebung

forsa.
Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH

Studienplanung, Datenanalyse und Berichterstattung

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln,
Wolfgang Haß, Peter Lang

Hintergrund: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Jahr 2015 die fünfte Repräsentativbefragung zum Glücksspielverhalten sowie zu glücksspielbezogenen Einstellungen und Problemen in der Bevölkerung in Deutschland durchgeführt (n = 11.501). Die Studien haben eine Monitoring-Funktion, indem sie regelmäßig die Epidemiologie der relevanten Aspekte des Glücksspiels in Deutschland erfassen. Zudem liefern sie Informationen über den Kenntnisstand in der Bevölkerung zu Aufklärungsmaßnahmen der BZgA im Bereich der Prävention von Glücksspielsucht.

Wurden bisher 16- bis 65-jährige in die Studien einbezogen, reicht die Altersspannweite der Befragten in der aktuellen Studie von 16 bis 70 Jahre. Um eine möglichst hohe Repräsentativität der Daten zu erhalten, wurde die Telefonstichprobe wie schon im Jahr 2013 mit einem „Dual Frame“-Ansatz realisiert, d. h., es wurden sowohl über einen Festnetz- als auch über einen Mobilfunkanschluss erreichbare Personen einbezogen.

Glücksspielprävalenzen: Basierend auf der Erhebung von Verhaltensdaten zu insgesamt 23 verschiedenen Formen des Glücksspiels (=Spiel mit Geldeinsatz, dessen Ausgang überwiegend durch Zufall bestimmt ist, inkl. Zusatzspielen) haben 77,6 % der 16- bis 70-jährigen Bevölkerung Glücksspielerfahrung, also irgendwann im Leben schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen. Bei den männlichen Befragten sind dies 82,2 %, bei den weiblichen 73,0 %. Die Lebenszeitprävalenzen der meisten angegebenen Glücksspiele und damit auch die Glücksspielerfahrung insgesamt sind gegenüber 2013 nur leicht zurückgegangen.

In den letzten zwölf Monaten vor der Befragung haben 37,3 % mindestens ein Glücksspiel gespielt. Auch auf diesen Zeitraum bezogen sind es deutlich mehr männliche als weibliche Personen (43,3 % vs. 31,2 %). Dies gilt, mit Ausnahme einzelner Lotterien (u. a. Sofort-, Fernseh- und Klassenlotterien) und Pferdewetten für alle Glücksspiele. Wie schon in den vorangegangenen Befragungen seit 2009 ist im Jahr 2015 erneut eine statistisch signifikante Abnahme der Teilnahme an irgendeinem Glücksspiel festzustellen: Betrug diese im Jahr 2007 noch 55 %, so sank sie in den darauf folgenden Erhebungen sukzessive auf 53,8 % im Jahr 2009, auf 50,7 % im Jahr 2011 und auf 40,2 % im Jahr 2013. Dieser Trend zeigt sich wiederum auch bei den 12-Monats-Prävalenzen der meisten angegebenen Glücksspiele. Relativ zu 2013 sind die Rückgänge bei Lotto „6 aus 49“ und den Zusatzspielen Spiel 77/Super 6, den Fernseh- und ‚anderen Lotterien‘ sowie bei den Geldspielautomaten statistisch signifikant. Andererseits findet sich eine Zunahme beim Eurojackpot (5,0 % vs. 7,1 %). Weitere differenzierte Analysen ergeben bei 18- bis 20-jährigen Männern im Altersgruppenvergleich nicht nur die höchste Teilnahmequote an illegalen Sportwetten (Internet, Wettbüros) im Jahr 2015, sondern zugleich auch den stärksten Anstieg gegenüber der vorangegangenen BZgA-Studie (2013: 5,7 %, 2015: 12,8 %). Die Teilnahmequote 2015 in dieser Gruppe ist noch einmal höher, wenn ein Migrationshintergrund vorliegt (18,9 % vs. 11,1 % ohne Migrationshintergrund).

Glücksspielanzahl insgesamt: Knapp jeder fünfte aller Befragten (19,7 %) hat im Survey 2015 angegeben, im zurückliegenden 12-Monats-Zeitraum nur ein Glücksspiel gespielt zu haben, 11,1 % haben zwei oder drei und weitere 6,6 % vier und mehr Glücksspiele gespielt. Dies entspricht in etwa den Verhältnissen im Glücksspiel-Survey 2013. Der Anteil der Mehrfachspielenden ist unter den männlichen Befragten deutlich höher als unter den weiblichen (22,2 % vs. 13,1 %).

Spielhäufigkeiten: Auch im Jahr 2015 ist ‚seltener als einmal im Monat gespielt’ die relativ zu den anderen Spielfrequenzkategorien von allen Befragten am häufigsten genannte Kategorie. Männliche Befragte weisen dabei eine höhere Spielfrequenz auf als weibliche (mehrmals monatliches Spielen: 18,4 % vs. 8,4 %).

Spielorte/Bezugswege: Der Anteil der über Lotto-Annahmestellen gespielten Glücksspiele (nur Angebote des Deutschen Lotto- und Totoblocks) beträgt im Jahr 2015 25,6 %. Es folgen privat organisierte Glücksspielorte (6 %), die Teilnahme an Glücksspielen über Bank oder Post (4,8 %) und über Internet (4,3 %). Deutlich geringere Anteile entfallen auf Spielbanken (1,8 %) sowie, jeweils nur Geldspielgeräte betreffend, auf Gaststätten, Imbissbuden etc. (1,5 %) und Spielhallen (1,4 %). Entsprechend dem Rückgang der 12-Monats-Prävalenzen fast aller Glücksspiele im Jahr 2015 nimmt auch die Nutzung von Lotto-Annahmestellen als Spielort bzw. Zugangsweg ab. Die Anteile der weiteren Spielorte bzw. Zugangswege bleiben auf niedrigem Niveau überwiegend annähernd konstant (z. B. Spielbank, Gaststätten und Imbissbuden, etc.), lediglich die Glücksspielteilnahme über Internet hat zugenommen (2013: 3,2 %, 2015: 4,3 %).

Geldeinsätze und eingesetzte Zahlungsmittel: Gut jeder siebte Befragte gibt bis zu 10 Euro monatlich für Glücksspiele aus. Pro Monat investieren 13,4 % 10 bis 50 Euro, weitere 3,8 % zwischen 50 und 100 Euro und 5,2 % über 100 Euro. Männliche Befragte setzen allen fünf Glücksspiel-Surveys der BZgA zufolge häufiger höhere Geldbeträge ein als weibliche. Gegenüber den vorangegangenen Erhebungen haben sich die mittleren monatlichen Geldeinsätze für das Glücksspiel insgesamt kaum verändert.

Problematisches und pathologisches Glücksspielverhalten: Wie auch in den vorangegangenen Befragungen der BZgA zum Glücksspielverhalten wird mit der South Oaks Gambling Screen (SOGS) ein international verbreitetes Verfahren zur Klassifizierung des Schweregrades glücksspielassoziierter Probleme bzw. Symptome eingesetzt. Bei den Jugendlichen kommt wiederum eine altersangepasste Version des Instruments zur Anwendung. Die Befragung 2015 kommt für die 16- bis 70-Jährigen bevölkerungsweit auf eine Schätzung der 12-Monats-Prävalenz des pathologischen Glücksspiels von 0,37 % (männliche Befragte: 0,68 %, weibliche: 0,07 %) und des problematischen Glücksspiels von 0,42 % (männliche Befragte: 0,66 %, weibliche: 0,18 %). Gegenüber der Befragung 2013 finden sich damit nur geringe, statistisch nicht signifikante Rückgänge sowohl des problematischen als auch des pathologischen Spielverhaltens. Am stärksten mit glücksspielassoziierten Problemen belastet erweisen sich im Jahr 2015 Männer mit einer Quote von 2,69 % bei den 21- bis 25-Jährigen und 2,43 % bei den 36- bis 45-Jährigen. Der Anteil Jugendlicher mit problematischem Glücksspielverhalten ist gegenüber 2013 nur geringfügig und statistisch nicht signifikant von 0,13 % auf 0,37 % angestiegen. Dies ist auf einen Anstieg bei den Jungen zurückzuführen; im Jahr 2015 ist bei keinem der befragten Mädchen ein problematisches Glücksspielverhalten festzustellen. Die 2015 ermittelten Gesamtquoten für problematisches bzw. pathologisches Glücksspielverhalten liegen im Bereich vergleichbarer in Deutschland durchgeführter Studien. Männliches Geschlecht, ein Alter bis 25 Jahre, ein niedriger Bildungsstatus und ein Migrationshintergrund erhöhen das Risiko für mindestens problematisches Glücksspielverhalten. Wird die Nutzung verschiedener Glücksspielformen betrachtet, finden sich bei Keno und Geldspielautomaten die höchsten Risiken. Als mindestens problematisch glücksspielend klassifizierte Befragte finden sich am häufigsten unter Personen, die in den letzten 12 Monaten Keno gespielt (23,2 %), die Spielbank besucht (kleines Spiel: 19,8 %, großes Spiel: 11,7 %), an Geldspielautomaten gespielt (13,0 %) oder an Oddset-Wettangeboten teilgenommen haben (12,5 %). Relativ selten sind Personen mit mindestens problematischem Glücksspielverhalten dagegen unter den Lotteriespielenden vertreten (1,6 %).

Irrationale Einstellungen und Überzeugungen: Im Jahr 2015 hat sich unter den Befragten in Deutschland, die in den letzten 12 Monaten mindestens ein Glücksspiel gespielt haben, das Ausmaß an irrationalen Einstellungen zum Glücksspiel, gemessen mit der Gambling Attitudes and Beliefs Scale (GABS), gegenüber 2013 kaum verändert. Bei männlichen und jüngeren Befragten (insbesondere Jugendlichen) sind diese Einstellungen, wie auch in vorangegangenen Erhebungen, stärker ausgeprägt als bei weiblichen und älteren. Es besteht ein positiver Zusammenhang mit dem Ausmaß des Problemspielverhaltens. In Bezug auf einzelne Glücksspiele ergeben sich bei Internet-Casinospielen, der Deutschen Sportlotterie und Glücksspielangeboten in der Spielbank die höchsten GABS-Skalenwerte.

Glücksspielnutzung Jugendlicher/Jugendschutz: Der Anteil der 16- und 17-jährigen Jugendlichen, die in den letzten 12 Monaten vor der Befragung an irgendeinem Glücksspiel teilgenommen haben, ist 2015 weiter zurückgegangen, von 19,9 % im Jahr 2013 auf 18,2 % im Jahr 2015. Dasselbe trifft auf gewerbliche Glücksspiele zu (ohne privat organisiertes Glücksspiel), deren Anteil von 15,8 % im Jahr 2013 auf 14,6 % im Jahr 2015 abgenommen hat. Nach einem deutlichen zwischenzeitlichen Anstieg im Jahr 2011 war der Anteil der befragten Jugendlichen, die an Geldspielautomaten spielen, bereits im Jahr 2013 zurückgegangen auf 2,6 % und verbleibt auch 2015 ungefähr auf diesem Niveau (2,5 %). Als statistisch signifikant erweist sich lediglich der Rückgang bei den Sportwetten (2013: 4,7 %, 2015: 1,8 %). Auch die Teilnahme an Glücksspielen in der Lotto-Annahmestelle ist 2015 leicht rückläufig (2013: 5,6 %, 2015: 5,3 %). 4,3 % der befragten Jugendlichen spielen mehr als ein Glücksspiel (2013: 6,6 %). Von Jungen werden, wie schon in der Befragung 2013, höhere monatliche Geldbeträge eingesetzt als von Mädchen.

Wahrnehmung von Informationsangeboten zum Thema Prävention von Glücksspielsucht sowie Einstellungen und Wissen zu gesetzlichen Regelungen: Informationsangebote über verschiedene Medien zu den Gefahren des Glücksspiels haben im Jahr 2015 fast durchweg etwa die gleiche Reichweite erlangt wie im Jahr 2013. Weiter erhöht hat sich in der Bevölkerung die Kenntnis von Medien oder Informationsmaterialien der BZgA, in denen auf Gefahren des Glücksspiels aufmerksam gemacht wird. Auch die Bekanntheit von Hilfeeinrichtungen zum Thema Glücksspielsucht wie Beratungsstellen oder das Beratungstelefon der BZgA hat seit 2007 sukzessive zugenommen: Im Jahr 2015 kennt über ein Viertel der Bevölkerung eine solche Beratungsstelle und knapp 11 % eine solche Telefonnummer. Dagegen hat der Kenntnisstand in der Bevölkerung in Deutschland nach einem längeren Zeitraum der Zunahme in der Bevölkerung erstmals abgenommen: Im Jahr 2015 haben noch 32,3 % das Thema ‚Glücksspielsucht’ in den Medien wahrgenommen (2013: 37,7 %) und noch knapp 60 % (2013: 67,8 %) halten sich für gut informiert zu diesem Thema. Die Zustimmung in der Bevölkerung zu gesetzlichen Regelungen des Glücksspiels (Spielverbot für Jugendliche, staatliche Kontrolle des Glücksspiels) ist im Jahr 2015 gegenüber 2013 annähernd gleich hoch geblieben, zum Verbot des Glücksspiels im Internet dagegen zurückgegangen (2013: 59,0 %, 2015: 52,5 %).

Die BZgA hilft unter anderem bei Spiel- und Tabaksucht. Hier mehr erfahren!

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