Studien ab 1997

Titelseite der Studie Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2011

Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2007, 2009 und 2011

Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen

Ergebnisse


Projekttitel

Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen 2007, 2009 und 2011

Ziele

Beschreibung des derzeitigen Glücksspielverhaltens und damit zusammenhängenden Indikatoren in der Bevölkerung in Deutschland. Die Ergebnisse der Studie 2011 werden mit der Ausgangsmessung von 2007 vor Implementierung einer bundesweiten Kampagne zur Prävention der Glücksspielsucht sowie der Anschlussstudie 2009 verglichen.

Untersuchungsmethodik

Wiederholte, deutschlandweite Repräsentativbefragung der 16- bis einschließlich 65-jährigen Bevölkerung

Verfahren der Datenerhebung

Computergestützte Telefoninterviews (CATI)

Auswahlverfahren

Mehrstufige altersdisproportionale Zufallsstichprobe auf Basis des ADM-Telefonstichproben-Systems (Computergenerierte Zufallstelefonnummern, Zufallsauswahl von 16- bis 65-Jährigen im Haushalt mit Höherquotierung der 16- bis 25-Jährigen, n = 4.000)

  • Ausschöpfung: 59,9 %
  • Stichprobengröße 10.002 Fälle

Befragungszeitraum

April bis Juni 2011

Interviewprogrammierung, Stichprobenbeziehung und Datenerhebung

forsa.
Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH

Studienplanung, Datenanalyse und Berichterstattung

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln,
Referat 2-25 / Referat 1-13,
Wolfgang Haß, Boris Orth und Peter Lang

ZUSAMMENFASSUNG

1. EINLEITUNG

2. METHODIK
2.1    Stichproben
2.2    Gegenstand der Befragung, Indikatoren und Instrumente
2.2.1 Gegenstand der Befragung
2.2.2 erhobene Glücksspielformen und Spielorte bzw. Bezugswege
2.2.3 Glücksspielprävalenzen
2.2.4 Verhaltensdaten zu den glücksspielen und allgemeine fragen zum Glücksspielverhalten
2.2.5 standardisierte Instrumente
2.3    Modifikationen im survey 2011 gegenüber 2009
2.4    Durchführung der Studie
2.5    Ausschöpfung, Gewichtung und Auswertung

3. ERGEBNISSE
3.1    Glücksspielerfahrung: Ergebnisse zur Lebenszeitprävalenz
3.1.1 Ergebnisse der Befragung 2011
3.1.2 Vergleich der Ergebnisse 2007, 2009 und 2011
3.1.3 erstes Glücksspiel im leben
3.2    Ergebnisse zur 12-monats-prävalenz
3.2.1 Glücksspielaktivitäten insgesamt
3.2.2 Spielhäufigkeiten (zurückliegender 12-monatszeitraum)
3.2.3 Spielorte/Bezugswege verschiedener Glücksspielformen
3.2.4 Geldeinsätze (insgesamt)
3.3    Ergebnisse zu ausgewählten glücksspielen
3.4    Screening auf problematisches und pathologisches Glücksspiel
3.4.1 Zusammenhang zwischen ausgewählten soziodemographischen und Glücksspielverhaltensmerkmalen und Klassifizierung  nach SOGS
3.4.2 Beziehung zwischen individueller Glücksspielnutzung und Problemausmaß nach SOGS
3.5    The gambling attitudes and beliefs scale (gabs)
3.6    Glücksspielverhalten jugendlicher
3.6.1 12-monats-prävalenzen jugendlicher
3.6.2 Spielhäufigkeiten jugendlicher
3.6.3 Spielorte/Bezugswege von jugendlichen
3.6.4 Spieleinsätze von jugendlichen
3.6.5 erstes Glücksspiel von jugendlichen und korrespondierendes Alter
3.6.6 glücksspielassoziierte Probleme bei jugendlichen
3.7    Motive des Glücksspiels und subjektive Gewinn- und Verlustbilanz
3.8    Rezeptionen von Glücksspielwerbung, Informations- und Hilfeangeboten sowie Einstellungen und Information zum Glücksspiel
3.9    Glücksspielwerbungen
3.10  Präventions-, Informations- und Hilfsangebote
3.11  Einstellungen zu gesetzlichen Regelungen, themen-  Interesse, Informationsstand und -bedarf

4. DISKUSSION

5. LITERATUR

Anhang

Methodisches Glossar

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabellenanhang

Hintergrund. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat im Jahr 2011 die dritte Repräsentativbefragung zum Glücksspielverhalten sowie zu glücksspielbezogenen Einstellungen und Problemen der 16 bis 65-jährigen Bevölkerung in Deutschland durchgeführt (n = 10.002). Die Studien haben zum einen eine Monitoring-Funktion, zum anderen liefern sie wichtige Informationen über den Kenntnisstand in der Bevölkerung zu Aufklärungsmaßnahmen der BZgA.

Glücksspielprävalenzen. Basierend auf der Erhebung von Verhaltensdaten zu insgesamt 22 verschiedenen Formen des Glücksspiels haben 86,0 % der 16 bis 65-jährigen Bevölkerung Glücksspielerfahrung, also irgendwann im Leben schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen (männlich: 89,2 %, weiblich: 82,7 %). 64,9 % entfallen dabei auf das Lottospiel „6 aus 49“, 50,7 % auf Sofortlotterien (Rubbel- und Aufreißlose, Lose auf Jahrmärkten, Instant-Games im Internet, Angebote von den Lottogesellschaften und anderen Anbietern) und jeweils ca. 23 % auf das Spielen an Geldspielautomaten in Spielhallen, Gaststätten etc. sowie das privat organisierte Glücksspiel. Das Ausmaß der Glücksspielerfahrung ist gegenüber 2009 rückläufig, während die Lebenszeitprävalenzen der meisten Glücksspiele gegenüber beiden vorangegangenen Erhebungen abnehmen (Ausnahmen: Sofortlotterien, Casinospiele im Internet und privates Glücksspiel).

In den letzten zwölf Monaten vor der Befragung hat gut die Hälfte der Befragten (50,7 %) irgendein Glücksspiel gespielt. Auch auf diesen Zeitraum bezogen sind es mehr männliche als weibliche Glücksspieler (56,5 % vs. 44,8 %), was auch für die meisten Spielformen gilt. Im Vergleich der drei Erhebungen ist eine signifikante Abnahme festzustellen (2007: 55 %, 2009: 53,8 %). Dasselbe gilt für die Prävalenzen der meisten Glücksspiele. Die relativ zu 2009 höchsten Rückgänge verzeichnen dabei das Fernsehquiz, die Klassenlotterien und Keno, deren 12-Monats-Prävalenzen im Jahr 2011 noch 3,9 %/ 1,2 %/ 0,4 % betragen. Aber auch bei Lotto „6 aus 49“, zeigt sich mit 31,5 % eine deutliche Abnahme (2007: 35,5 %, 2009: 40,0 %). Dagegen ist bei Sofortlotterien (2011: 12,9 %), ‚anderen Lotterien’ (4,9 %) und dem privaten Glücksspiel (9,2 %) eine sukzessive, signifikante Zunahme seit dem Jahr 2007 festzustellen. Ein Anstieg ist auch beim Spielen an Geldspielautomaten zu beobachten, die (nach 2,2 % und 2,7 % in den beiden vorangegangenen Erhebungen der BZgA) im Jahr 2011 von 2,9 % der Befragten gespielt werden. Besonders deutlich fällt hier die Zunahme in der Altersgruppe 18 bis 20 Jahre aus: Bei männlichen Befragten hat sich die Quote gegenüber 2007 mehr als verdreifacht (auf 19,5 %) und bei weiblichen mehr als verdoppelt (5,5 %). Die 2011 erstmals erfassten Live-Wetten kommen auf eine 12-Monats-Prävalenz von 0,9 %.

Glücksspielanzahl insgesamt. 27,4 % der Befragten haben im Survey 2011 angegeben, im zurückliegenden 12-Monats-Zeitraum ein Glücksspiel und weitere 23,3 % zwei oder mehr Glücksspiele gespielt zu haben. Der Anteil letzterer ist unter den männlichen Befragten deutlich höher als unter den weiblichen (27,7 % vs. 18,8 %) und gegenüber den Vorjahren leicht zurückgegangen.
Spielhäufigkeiten: Männliche Befragte spielen häufiger pro Monat als weibliche. Im Jahr 2011 spielt etwas mehr als jeder dritte Mann gegenüber nur jeder knapp fünften Frau mehrmals monatlich. Seit 2007 ist bei beiden Geschlechtern der Anteil derjenigen, die mindestens monatlich an irgendeinem Glücksspiel teilnehmen, kontinuierlich gesunken.

Spielorte/Bezugswege. Analog dem zurückgegangenen Anteil der Lottospieler ist auch der Anteil der insgesamt über die Lotto-Annahmestelle gespielten Spiele (nach einem zwischenzeitlichen Anstieg im Jahr 2009) noch unter den Anteil von 2007 gefallen und beträgt im Jahr 2011 noch 34,8 %. Es folgen Bank oder Post (8,2 %) und die Restkategorie ‚andere Wege’ (6,6 %). Während der Anteil des Internets über alle Glücksspiele hinweg betrachtet abgenommen hat (2011: 3,7 %), ist bei dem Zugang über Wettbüros ein Anstieg zu beobachten (2011: 1,3 %).

Geldeinsätze. Wiederum bezogen auf die 16 bis 65-jährige Gesamtbevölkerung gibt knapp jeder fünfte Bundesbürger bis zu 10 Euro monatlich für Glücksspiele aus. Pro Monat investieren 18,7 % 10 bis 50 Euro, weitere 4,8 % zwischen 50 und 100 Euro und 5,1 % über 100 Euro. Männliche Befragte setzten bei allen drei Erhebungen häufiger höhere Geldbeträge ein als weibliche.

Problematisches und pathologisches Glücksspielverhalten. Wie auch in den vorangegangenen Studien der BZgA wird mit dem South Oaks Gambling Screen (SOGS) ein international verbreitetes Verfahren zur Klassifizierung des Schweregrades glücksspielassoziierter Probleme bzw. Symptome eingesetzt. Die Untersuchung 2011 kommt bevölkerungsweit auf eine Schätzung der 12-Monats-Prävalenz des (wahrscheinlich) pathologischen Glücksspiels von 0,49 % (männliche Befragte: 0,58 %, weibliche: 0,39 %) und des problematischen Glücksspiels von 0,51 % (männliche Befragte: 0,73 %, weibliche: 0,28 %). Diese Ergebnisse haben sich gegenüber der BZgA-Studie 2009 nicht signifikant verändert und liegen in dem auch in anderen Prävalenzstudien in Deutschland gefundenen Bereich. Am stärksten mit glücksspielassoziierten Problemen belastet erweisen sich 21- bis 25-jährige Männer, zudem erhöhen ein niedriger Bildungsabschluss, ein Migrationshintergrund und Arbeitslosigkeit das Risiko für Problemspielverhalten (problematisch oder pathologisch). Dessen Auftretenshäufigkeit hängt zudem auch von der Glücksspielgesamtaktivität resp. der individuellen Glücksspielwahl ab. Als Problemspieler klassifizierte Befragte finden sich am häufigsten unter Befragten, die Sportwetten angeben (zwischen 10,1 % und 16,0 % je nach Wette). Auch Geldspielautomaten rangieren mit einem entsprechenden Anteil (8,6 %) auf den vorderen Plätzen. Damit korrespondierend ergibt sich für Live-Wetten und Geldspielautomaten ein jeweils ca. 5-fach erhöhtes Risiko für Problemspielverhalten im Vergleich zu den jeweiligen Nichtspielern. Vergleichsweise selten sind Problemspieler dagegen unter den Lotteriespielern vertreten (bis zu 2 %).

Irrationale Wahrnehmungen/ Kognitive Verzerrungen. Im Jahr 2011 findet sich in der 16 bis 65-jährigen Bevölkerung in Deutschland ein gegenüber 2009 nahezu unverändertes Ausmaß an irrationalen Einstellungen gegenüber dem Glücksspiel. Bei männlichen und jüngeren Befragten (insbesondere Jugendlichen) sind diese, wie auch in vorangegangenen Erhebungen, etwas stärker ausgeprägt als bei weiblichen und älteren. Es besteht ein positiver Zusammenhang mit dem Ausmaß der Glücksspielsucht.

Glücksspielverhalten Jugendlicher. Der Anteil der 16-17-jährigen Jugendlichen, die in den letzten 12 Monaten vor der Befragung an irgendeinem Glücksspiel teilgenommen haben, ist 2011 signifikant angestiegen (von 24,2 % im Jahr 2009 auf 31,5 %). Dasselbe trifft auf Glücksspiele im engeren Sinn zu (ohne Fernsehquiz, privat organisiertes Glücksspiel und riskante Börsenspekulation), deren Anteil von 14,8 % auf 24,1 % angestiegen ist. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf eine annähernde Verdoppelung des Anteils Jugendlicher, die Sofortlotterien (siehe Erläuterung unter ‚Glücksspielprävalenzen’) spielen, zurückzuführen (von 8,1 % im Jahr 2009 auf 15,6 % im Jahr 2011). Der Zuwachs ist dabei in erster Linie durch über andere Bezugswege als die Lotto-Annahmestelle gespielte Sofortlotterien erfolgt. Auch das Spielen an Geldspielautomaten hat sich unter den 16- und 17-Jährigen von 2,3 % im Jahr 2009 auf 4,5 % im Jahr 2011 nahezu verdoppelt. Live-Wetten werden von 2 % der Jugendlichen gespielt. Bei diesen beiden als risikoreich eingeschätzten Glücksspielen ergeben sich damit zum Teil deutlich höhere Spielquoten als bei den Erwachsenen. Jeder zehnte Jugendliche spielt mehr als ein Glücksspiel. Von Jungen werden unverändert höhere Geldbeträge eingesetzt als von Mädchen, verglichen mit den vorangegangenen Erhebungen haben die monatlichen Geldeinsätze nur bei den Mädchen zugenommen. Mit dem ersten Glücksspiel im Leben (zumeist Sofortlotterien) korrespondiert ein mittleres Lebensalter von ca. 13,5 Jahren.

Rezeption von Informationsangeboten zur Glücksspielsucht sowie Einstellungen und Wissen zu gesetzlichen Regelungen. Die Reichweite von Informationsangeboten über verschiedene Medien zu den Gefahren des Glücksspiels hat sich auch 2011 weiter erhöht. Die größte Verbreitung mit Nennungshäufigkeiten zwischen 27,5 % und 29,3 % haben im Jahr 2011 Anzeigen, Werbespots im Radio oder Fernsehen und Informationen in Lotto-Annahmestellen. Ebenfalls sukzessiv erhöht hat sich in der Bevölkerung seit 2007 die Kenntnis von Hilfeeinrichtungen zur Glücksspielsucht wie das Beratungstelefon der BZgA oder andere Beratungsstellen. Auch die Wahrnehmung des Themas ‚Glücksspielsucht’ in der Bevölkerung hat signifikant zugenommen. Über zwei Drittel halten sich im Jahr 2011 tendenziell für gut informiert zu diesem Thema. Die Zustimmung in der Bevölkerung zu gesetzlichen Regelungen des Glücksspiels (Jugendverbot, Verbot des Glücksspiels im Internet, staatliche Kontrolle des Glücksspiels) ist im Jahr 2011 gegenüber 2009 konstant hoch geblieben oder sogar weiter angestiegen.

Die BZgA hilft unter anderem bei Spiel- und Tabaksucht. Hier mehr erfahren!

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